Birk Grüling über Crowdfunding für Games: Wenn Fans Spiele finanzieren – Teil I

12.01.2017

Birk Grüling gehörte 2014 beim Medium Magazin zu den Top 30 Nachwuchsjournalisten

Es ist mal wieder Zeit für einen interessanten Artikel von unserem Gastautor Birk Grüling. Als freier Journalist für Wissenschaft und Gesellschaft, behandelt er in seinem Beitrag „Wenn Fans Spiele finanzieren“ das Thema Crowdfunding in der Games-Branche. Dabei durchleuchtet er unter anderem die unterschiedlichen Erfolge und Misserfolge der Crowd-Finanzierung und gibt ebenfalls einen Einblick darüber, was für einen Mehraufwand ein solches Finanzierungsmodell für unabhängige Entwicklerteams bedeutet. Im ersten Teil geht es vor allem um erfolgreiche Projekte wie Lost Ember, Broken Age oder Star Citizen. Viel Spaß beim Lesen.

Spätestens seit dem Erfolg des 100-Millionen-Projektes „Star Citizen“ hat sich Crowdfunding als Finanzierungsquelle in der Games-Branche etabliert. Auch viele deutsche Spiele-Projekte wurden bereits durch Spenden aus dem Netz finanziert – mal aufgrund einer bewussten Entscheidung, mal wegen fehlender Finanzierungsalternativen.

Lost Ember © Mooneye Studios

Die zivilisierte Welt, wie wir sie kennen, ist untergegangen. Auf postapokalyptischen Ruinen blühen Blumen, die Wälder sind saftig grün, die Flüsse klar. Dieses Paradies, ganz ohne Zivilisation, ist die Spielkulisse des deutschen Action Adventures „Lost Ember“. Statt in die Rolle eines einsamen Überlebenden schlüpft der Spieler in die Rolle von Tieren. Als Wolf, Greifvogel oder Fisch erkundet er die faszinierend lebendige 3D-Welt. Die Spielidee des Hamburger Entwickler-Teams Mooneye Studios klingt mindestens so ungewöhnlich wie reizvoll. Diese Einschätzung teilen offensichtlich auch die über 7.700 Unterstützer weltweit, die auf der amerikanischen Crowdfunding-Plattform Kickstarter mehr als 300.000 Euro für die Entwicklung ausgaben. Ein stolzes Ergebnis für das noch junge Studio aus Hamburg und eines der erfolgreichsten deutschen Crowdfunding-Projekte des Jahres. Dank der finanziellen Unterstützung aus dem Netz soll das Spiel 2018 auf den Markt kommen.

In den vergangenen fünf Jahren etablierte sich das Crowdfunding, also das digitale Einsammeln von Geld, als Finanzierungsquelle von kleineren und größeren Gaming-Projekten. „Junge Entwickler-Teams finanzieren auf diese Weise erste Games-Projekte, etablierte Studios testen, wie gut ihre neuen Spiel-Ideen beim Publikum ankommen“, erklärt Maximilian Schenk, Geschäftsführer des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware. Das Prinzip ist immer dasselbe: Die Entwickler werben auf Crowdfunding-Portalen wie Kickstarter oder Startnext oder auf der eigenen Website mit ersten Eindrücken oder spielbaren Schnipseln um die Gunst und das Geld der Unterstützer. Als Gegenleistung für den Vertrauensvorschuss gibt es signierte Fan-Artikel, frühe Demo-Versionen, Vorverkaufsrecht oder sogar die Möglichkeit, einen Teil des Spiels mitzugestalten – je nachdem, wie viel in den digitalen Klingelbeutel geworfen wird.

100 Millionen für die unendlichen Weiten des Weltraums
Als einer der Wegbereiter dieser Finanzierungsform gilt Tim Schafer. Der Monkey Island Vater fand 2012 für sein Point&Click-Adventure „Broken Age“ keinen großen Publisher. Die Begründung: Dieses Genre sei kaum mehr als eine Liebhaber-Nische und verspreche zu wenig wirtschaftlichen Erfolg. Deshalb wandte sich der Programmierer an die Netzgemeinde. Mit großem Erfolg: Innerhalb von 24 Stunden kamen von zigtausend Fans mehr als eine Million Euro zusammen. Wofür gezahlt wurde, war zu diesem Zeitpunkt kaum bekannt. Schafer versprach ein „oldschool adventure“ und die Fans folgten seinem Aufruf.

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Broken Age © Double fine

Noch mehr Vorschusslorbeeren bekam die Weltraum-Simulation „Star Citizen“. In den vergangenen vier Jahren sammelte dieses Projekt, eins der wohl ambitioniertesten der Games-Geschichte, mehr als 116 Millionen US-Dollar ein. Als Gegenleistung verspricht Erfinder Chris Roberts seinen Unterstützern ein Massively Multiplayer Online Game in den unendlichen Weiten des digitalen Weltraums – mit Handel, Piraten, haufenweisen Aliens und unzähligen Raumschiffen. Einziger Haken: Spielbar sind trotz vier Jahren intensiver Entwicklungszeit bisher nur kleinere Module. Auch ein finales Erscheinungsdatum gibt es bisher nicht. So wundert es kaum, dass bei aller Euphorie über neue Trailer und Eindrücke auch die Kritik an dem ambitionierten Macher wächst. Ein Vorwurf: Missmanagement und Geldverschwendung. Allerdings war Roberts auch bei seinen legendären Großproduktionen wie „Wing Commander“ nicht sonderlich pünktlich, womit er schon in den 90er Jahren den Frust vieler wartender Fans auf sich zog. Nach der Veröffentlichung waren die meisten Unterstützer angesichts der gebotenen Qualität mit den Ergebnissen aber mehr als zufrieden.


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Birk Grüling
Birk Grüling schreibt als freier Journalist für Zeitungen und Magazine über Wissenschaft und Technik. Bei Twitter ist er unter @birkgrueling erreichbar.

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