Spieleinstieg #3: Wie werde ich Character Animator in der Gamesbranche?

17.05.2013

Interview mit Jens Heinrich von Yager Development:
„Von der Arbeit mit Maya und der Unreal 4 Engine, Showreels, virtuellen Persönlichkeiten und den Aufgaben als Character Animator bei der Entwicklung von Spec Ops: The Line“

Yager Development_Jens Heinrich

Jens Heinrich, Character Animator bei Yager Development in Berlin

In unserer Spieleinstieg Interview-Reihe geht es heute um die Arbeit als Character Animator von AAA-Spieletiteln. Jens Heinrich (32) ist seit 2008 bei Yager Development im Animation Department tätig. Bei dem Berliner Spieleentwickler hat er als Character Animator an Yagers letztem Spiel „Spec Ops: The Line“ mitgewirkt. Das Action-Game gehört meiner Meinung nach in jede Sammlung volljähriger Shooter-Fans, die ein frisches Szenario und eine hintergründige Story mit Anlehnungen an Francis Ford Coppolas Filmklassiker „Apocalypse Now“ zu schätzen wissen. Nachdem mich das Ende dieses großartigen Spiels sprachlos zurückgelassen hat, freue ich mich bereits auf Yagers nächsten Spieletitel, über den bislang nur bekannt ist, dass er auf Basis der Unreal 4 Engine entwickelt wird. Im Gespräch berichtet Jan von seinen täglichen Aufgaben als Character Animator, wie er über den Umweg Film in der Spielebranche gelandet ist und was Bewerber bei der Erstellung ihres Showreels beachten sollten.

1. Was macht ein Animator und wie sieht Dein typischer Tagesablauf aus?

Jens: Als Animator bin ich verantwortlich für die Darstellung von Bewegungen und Verhalten der Figuren im Spiel, dabei ist es wichtig jedem Charakter eine markante Persönlichkeit zu geben.

Ich beginne meinen Tag meist mit zwei bis drei Meetings, in denen der vorige Tag reflektiert und die aktuelle to-do-Liste erstellt wird. Wenn sich beispielsweise dabei herausstellt, dass eine Animation am Vortag irgendwelche Probleme verursachte hat, wird meine erste Tagesaufgabe sein, den Grund dafür zu finden und diese zu beheben. Läuft alles fehlerfrei widme ich mich den geplanten Animationen.

Die Animationen erstelle ich entweder in Maya oder Motionbuilder, je nach Länge, Anzahl der Charaktere und Komplexität entsteht eine Animation in ein bis sechs Stunden. Anschließend wird diese Animation in die Engine (z.B. Unreal 4) importiert und im Code von mir eingebaut und getestet. Im besten Fall funktioniert die Implementierung reibungslos und ich kann mich der nächsten Animation widmen. Es kann auch passieren das ich einige Stunden investiere bis ein neues Feature eingebaut ist. Manchmal muss ich mehrere Änderungen an der vorhandenen Animation vornehmen, damit diese besser im Spiel lesbar wird oder perfekt funktioniert.

2. Seit wann arbeitest du in der Games-Branche?

Jens: Seit September 2008 arbeite ich bei Yager als Character Animator. Bei der Entwicklung von Spec Ops: The Line war ich im Bereich Gameplay Animation tätig.

Yager_Spec Ops

Spec Ops: The Line spielt in einem von Sandstürmen verwüsteten Dubai.

3. Wie verlief dein Einstieg in die Games-Branche?

Jens: Eher durch einen Zufall. Ich war schon immer fasziniert von Medien. Ich begann mit 17 Jahren beim örtlichen Regionalfernsehen als freier Mitarbeiter und verdiente so übers Wochenende ein wenig Taschengeld dazu. Dort hab ich fast drei Jahre, bis zum Ende meiner Berufsausbildung, gearbeitet. Nach der Bundeswehrzeit war ich Kameraassistent beim Film, am Set einer Ärzteserie in Leipzig. Da ich seit meiner Kindheit von Computern & Spielen fasziniert war, besuchte ich jedes Jahr die Games Convention in Leipzig. Dort stieß ich 2004 auf den damals noch kleinen Stand der Games Academy. Nach einem längeren Informationsgespräch und Monaten des hin und her Überlegens, entschloss ich mich, nach fast fünf Jahren, meinen Job beim Film zu kündigen und noch einmal neu anzufangen – als Spieleentwickler. Einen Schritt den ich bisher noch nie bereut habe.

4. Was für eine Ausbildung hast Du gemacht? Und wie  gut hat dich deine Ausbildung auf deinen jetzigen Job vorbereitet?

Jens: Ich bin gelernter gestaltungstechnischer Assistent für Medien & Kommunikation und im April 2006 begann ich mein zweieinhalb jähriges Studium an der Games Academy in Berlin. Das Studium kombinierte Game Design mit Game Art & Animation.
An der Games Academy lernen Studierende primär in Form von Projekten. Das halte ich für die beste Möglichkeit sich sozusagen rundum zu bilden und in verhältnismäßig kurzer Zeit eine ganze Menge Wissen zu bekommen und viele Erfahrungen zu sammeln.

Die Projektarbeiten sind wichtig um sich in Punkten wie Zeit- und Stressmanagement, Teamwork und Umsichtigkeit zu optimieren, denn die Arbeit endend erst, wenn die Animation im Spiel perfekt ist und wie gewünscht wiedergegeben wird.  Natürlich bin ich auch über die Kontakte, die ich während meiner Studienzeit knüpfen konnte, froh und dankbar. Zurückblickend ist das ein sehr wichtiger Punkt für Berufseinsteiger/innen die noch wenig praktische Erfahrungen haben.

Yager_Spec Ops City

Spec Ops: The Line gönnt dem Spieler nur wenige Verschnaufpausen.

5. Welchen Tipp würdest du Bewerbern geben, die sich als Animator bei Spielefirmen bewerben?

Jens: Das ein interessantes und aussagekräftiges Anschreiben auch in dieser Branche wichtig ist, sollte keinesfalls vergessen werden. Neben diesem muss das Animation Showreel auffallend gut sein, dabei ist Qualität wichtiger als Quantität. Es sollte nicht länger als 90 Sekunden sein und die besten Sachen gehören an den Anfang. Der erste Eindruck zählt. Eine Rechercheeinheit Firmengeschichte schadet natürlich auch nie.

6. Wenn du eine neuen Kollegin oder einen neuen Kollege für den Bereich Animation einstellen solltest – auf was würdest DU besonderen Wert legen?

Jens: Neben fachlicher Kompetenz ist Selbstständigkeit wichtig. Im Ranking stehen auch gute Team- und Kommunikationsfähigkeiten, Ideenreichtum, technisches Verständnis und das Talent, Probleme zu erkennen und Lösungsansätze zu erarbeiten, ganz weit oben.

7. Unvergesslich. Welchen Moment als Gamer wirst Du niemals vergessen?

Jens: Immer unvergesslich für mich bleiben die alten LucasArts Games, wie „Indiana Jones “ oder „Monkey Island“.

8. Zeit für schamlose Eigenwerbung: Welches Spiel, private Projekt oder sonstiges müssen unsere Leser einfach kennenlernen?

Jens: Ich möchte ein privates Projekt  vorstellen, an dem ich in meiner Freizeit mit tätig bin:  Airbørn  – Piño’s Journey.

Airbørn_Stadt

Airbørn – Piño’s Journey in all seiner Pracht.

Nachdem die Welt durch ein mysteriöses Desaster in kleine Inselchen zerteilt wurde kam Piño zur Welt. Er wurde von seinen Großeltern in einem kleinen, unscheinbaren Dörfchen auf eben solch einer Insel aufgezogen. Mit wachsendem Alter ist Piño Interesse an der Geschichte seiner Eltern nicht zu bremsen. Da er aber kein Geld hat bleibt ihm nur eine Möglichkeit die Geheimnisse um das Verschwinden seiner Eltern lüften: Er muss Messenger-Pilot werden, genau wie sein Vater es war. Und, dafür braucht er ein Flugzeug. Airbørn – Piño’s Journey ist ein Single Player Action-Adventure Spiel, in einem einzigartigen Steampunk angehauchten Universum. Das Spiel wird auf Basis des Unreal Dev Kits entwickelt. Der Hauptcharakter Piño und die Luftkämpfe werden aus der Verfolgerperspektive (3rd person view) gespielt und das Gameplay ist durch die Zelda Serie inspiriert (Item basierter Levelaufstieg). Es gibt verschiedene Erweiterungsoptionen um unbekannte Gebiete erschließen zu können und diverse neue Gameplay Möglichkeiten.

Vielen Dank Jens für das Gespräch. Persönlich freue ich mich bereits sehr auf das noch unangekündigte neue Projekt von Yager Development. Gleichzeitig wünschen wir Dir viel Erfolg mit „Airbørn  – Piño’s Journey“, das bereits auf den Screenshots einfach bezaubernd aussieht und in Bewegung bestimmt ein absoluter Herzensbrecher ist.

 

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