Im Interview: Christian Schiffer (34 Jahre) Herausgeber und Chefredakteur der WASD
Ich habe alle gedruckten Ausgaben der GEE und sogar noch die der [ple:]. Warum ich genau weiß, dass ich sie vollständig habe? Weil ich gerne Nerdkram sammele. Durch meinen letzten Umzug. Der hat mir in Erinnerung gerufen was für Schwergewichte beiden Zeitschriften waren. Und das vor allem auch in journalistischer Hinsicht. Geschliffene Texte, clevere Ideen und überhaupt das richtige Gespür für Themen, die so in der deutschen Mainstream-Spielepresse nicht stattfinden. Leider wurde die [ple:] bereits 2006 und die GEE Anfang 2013 eingestellt. Beide Zeitschriften waren letztlich Liebhaberstücke und Nischenpublikationen, die mit viel Herzblut gemacht, aber finanziell nicht überlebensfähig waren. Doch es gibt Hoffnung für alle Printliebhaber, die in einem Magazin erhellende Essays und Artikel aus dem Videospielkosmos lesen wollen, die sich „gamestaresker“ Wertungsformalien entziehen. WASD heißt ein alle sechs Monate in einer kleinen Auflage erscheinendes Printheft, das nach eigener Aussage „Texte über Computerspiele“ enthält. Und zwar Texte „ohne Prozentwertungen daher, ohne Tabellen, ohne Stiftung-Warentest-Attitüde und Spielspaßgraphen“. Es geht sogar noch weiter: „Die WASD ist ein Magazin für Gamer, die sich langweilen, wenn sie gängige Fachmagazine aufschlagen.“ Das klingt wie für mich gemacht! Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich bis heute noch keine Ausgabe in meinen Händen hatte. Höchste Zeit also Christian Schiffer (34 Jahre), den Macher der WASD, zum Interview zu bitten. Neben seiner Hauptbeschäftigung als Hörfunkjournalist beim Bayerischen Rundfunk, ist Christian Herausgeber und Chefredakteur in Personalunion und berichtet uns im Interview was geneigte Leser von der WASD erwarten dürfen.
Hallo Christian, zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich noch keine WASD gelesen habe. Daher für mich und unsere Leser: Was ist das WASD-Magazin?
Christian: Das WASD-Magazin ist eigentlich kein Magazin, sondern ein Bookzine, also eine Mischung aus Buch und Magazin. So etwas gibt es eigentlich fast gar nicht und das mit gutem Grund, denn ein Bookzine kombiniert ökonomisch betrachtet die schlechtesten Eigenschaften aus beiden Formaten: Es ist durchweg gelayoutet und erscheint im Vierfarbdruck, so wie ein Magazin eben. Und dann hat es aber kaum Anzeigen, das kennen wir von Büchern. Diese Kombination kostet, aber dennoch kann die WASD existieren, weil wir sie über das Internet verkaufen und so keine Rabatte an den Buchhandel oder an Kioske zahlen müssen.
Inhaltlich ist die WASD eine Games-Publikation. Nur eben etwas zeitloser angelegt: Es geht weniger um Reviews und Previews, sondern eher um die kluge und humorvolle Begleitung unseres Hobbys. Ach ja: Die WASD erscheint jedes halbe Jahr und kann bislang eigentlich fast nur im Internet bestellt werden auf der Seite www.wasd-magazin.de
Wann hast du zuletzt die GameStar gelesen?
Christian: Im Zug auf dem Weg zum A Maze Festival in Berlin. Warum?
Ich frage deshalb, weil die Eigenbeschreibung der WASD für mich klingt wie ein absoluter Gegenentwurf zu klassischen Mainstream Magazinen wie GameStar und Co. Was war letztlich der Auslöser ein eigenes Magazin wie die WASD zu starten? Und wie viel Zeit steckst du in dieses „Hobby“?
Christian: Das sind aber viele Fragen in einer! (lacht). Aber ja: Die WASD grenzt sich natürlich von Gamestar & Co ab. Wobei das nicht heißt, dass ich etwas gegen diese Magazin habe, ich lese sie ja selbst. Ich sehe die WASD als Ergänzung an. So wie es im Fußball ja nicht nur den Kicker gibt, sondern auch die 11Freunde oder im Wirtschaftsbereich das Handelsblatt aber auch die BrandEins.
Einen echten Auslöser für die Gründung gab es nicht. Aber klar, die GEE gab es irgendwann nur noch auf dem iPad, das hat mich dann schon geärgert und dann dazu beigetragen, dass ich gesagt habe: „Ok, ich habe zwar null Ahnung wie man ein Magazin gründet, es könnte alles ganz peinlich werden, aber wurst, das probiere ich jetzt mal“.
Ich kümmere mich seitdem nach meiner Arbeit beim Bayerischen Rundfunk um die WASD und das sind dann im Schnitt zwei Stunden mehr am Tag, die ich vor dem Rechner verbringen muss. Das macht aber nichts, dafür habe ich endlich mein eigenes Spielemagazin!
Nach allem was ich auf eurer Internetseite gelesen habe, scheine ich genau eure Zielgruppe zu sein. Gleichzeitig habe ich erst kürzlich von der WASD erfahren. Fühlt ihr euch mit dem Stigma des Insider-Magazins wohl oder würdest du die WASD langfristig gerne neben „Mainstream“-Games-Magazinen am Kiosk sehen?
Christian: Ach naja: Ich will die Existenz der WASD eigentlich nicht unbedingt geheim halten. Das Problem ist schlichtweg, dass die WASD in der Produktion sehr teuer ist und ich deswegen darauf angewiesen bin, sie direkt an die Käufer zu vertreiben, Stichwort: Buchhandelsrabatt. Deswegen kann ich mir schwer vorstellen, dass die WASD überall neben der PC Games liegt. Aber wir werden mit Ausgabe 3 möglicherweise versuchen die WASD punktuell in den Handel zu bringen. Ach, und wenn wir schon beim Geschäftlichen sind: Ich suche auch den ein oder anderen Anzeigenkunden, das würde sicher auch noch einmal dazu beitragen die Existenz der WASD dauerhaft zu sichern.
Wie finanzierst du die WASD bisher? Und wie können Interessierte helfen das Projekt am Leben zu halten?
Christian: Ich habe die WASD mit meinem eigenen Geld gegründet und gehe da recht konservativ vor. Alles was eingenommen wird, wird zur Professionalisierung und für die Verbesserung der WASD eingesetzt. Bei der Ausgabe 2 habe ich mir ein professionelles Lektorat geleistet und konnte dem Großteil der Autoren okaye Honorare bezahlen. Zu Ausgabe 3 wird es eine neue Homepage geben mit neuem Shop und einem Abonnementsystem. So geht Level für Level voran. Wer die WASD unterstützen möchte, kann beim Kauf den Förderpreis zahlen. Das sind fünf Euro mehr. Oder er kauft eines unserer Siebdruckposter. Das sind dann echte Liebhaberstücke, die die WASD etwas mitsubventionieren.
Früher die [ple:] und zuletzt leider die GEE haben gezeigt, dass das Konzept eines Print-Magazins über Gaming-Kultur finanziell nicht überlebensfähig ist. Die GEE hatte ihr letztes Aufbäumen mit der iPad Variante, die sich jedoch durch die geringe Absatzmengen nicht gerechnet hat. Generell gibt es wenige Publikationen, die mit ihrer iPad Ausgabe Geld machen. Gibst du diesem Vertriebsweg eine Zukunft oder siehst du alternative Finanzierungsmöglichkeiten für solche Nischenpublikationen?
Christian: Klar wird man mit iPad-Ausgaben irgendwann Geld verdienen! Es dauert halt ein bisschen, bis sich die Geräte verbreiten und natürlich ändern sich auch die Lesegewohnheiten manchmal langsamer als man denkt. Aber eine digitale Gaming Publikation würde mittelfristig sicher ihr Publikum finden, wenn sie gut gemacht ist.
Diese Frage habe ich kürzlich Wolf von Sexy Cripples, ehemals Game One, gestellt und mich würde auch deine Meinung dazu interessieren. Glaubst du, dass es im Online-Games-Journalismus zukünftig Platz für lange Reviews-Texte geben wird oder werden diese durch Videobeiträge und Let’s Plays überflüssig?
Christian: Nein, Let´s Plays sind eine zusätzliche Form, aber sie ersetzen nicht jede journalistische Form, die es vorher gegeben hat. Zur Kaufberatung mag ein Let’s Play-Video helfen. Aber wenn es darum geht, etwas über die Hintergründe zu erfahren, das Spiel mit anderen zu vergleichen, in einen Kontext und in eine Tradition einzuordnen, dann kommen die meisten Let’s Play-Videos an ihre Grenzen.
Bitte vervollständige folgende Sätze:
Videospiele sind für mich … das faszinierendste Medium, das es gibt.
Print ist … nicht gleich Print. Wer heute eine Publikation auf Papier herausbringt, muss wissen, wie er die Vorteile dieses Informationsträgers nutzt.
Deutscher Videospieljournalismus ist … besser als sein Ruf, könnte aber noch besser sein.
Unsere Leser sollen alle die WASD kaufen, weil … sie daran hoffentlich ihre Freude haben werden.
Eine obligatorische Games-Career Frage: Würdest du jemanden empfehlen, heute ein eigenes Print-Magazin zu starten?
Christian: Puh… eher nicht. Es muss sehr viel zusammenpassen damit es so funktioniert, wie bei der WASD.
Zum Abschluss Zeit für schamlose Eigenwerbung: Welches Projekt, Spiel oder sonstiges müssen unsere Leser einfach kennenlernen?
Christian: Superlevel.de kennen die meisten bestimmt schon. Aber ich empfehle es trotzdem. Eine hervorragende Plattform rund um Computerspielkultur. Was Blogs anbelangt ist auch Videogametourism.at oder www.polyneux.de toll.
Christian, herzlichen Dank für deine Zeit und viel Erfolg mit der WASD. Alle die jetzt Lust auf neuen Lesestoff in ausgezeichneter Aufmachung (die zweite Ausgabe der WASD hat den European Design Award in Bronze gewonnen!), der kann das Heft bestellen auf www.wasd-magazin.de! Wir drücken die Daumen für eine lange Zukunft und freuen uns auf neue Sichtweisen zu unserem liebsten Hobby.