Bigpoint trennt sich von 120 Mitarbeitern
Am Dienstag, den 23.10.2012, gab Branchenprimus Bigpoint die Entlassung von 120 Mitarbeitern bekannt. Dies entspricht 15 Prozent der Belegschaft. Die Spieleentwicklung in San Francisco wird eingestellt und die dortige Niederlassung auf ein Dutzend Mitarbeiter reduziert, die sich ausschließlich um den Vertrieb kümmern werden. Während in den USA 40 Angestellte ihren Job verlieren, sind in der Hamburger Zentrale 80 Mitarbeiter von der Kündigungswelle betroffen.
Diese sind überwiegend in administrativen Abteilungen beschäftigt gewesen. Zudem gibt das Unternehmen bekannt, dass Firmengründer Heiko Hubertz zum Jahresende an die Spitze des Aufsichtsrates wechselt und den Posten als CEO an einen noch nicht bekannten Nachfolger übergeben wird. Seine Anteile an Bigpoint von 30,5 Prozent wird er weiterhin halten.
Die Ankündigung hat binnen weniger Stunden für viel Wirbel und Diskussionen im Netz gesorgt. Ist die der Boom der deutschen Games-Branche, welche in den letzten Jahren vorwiegend mit Browser-, Mobile- und Social-Games positive Schlagzeilen weltweit machte, vorbei? Kommt jetzt die große Ernüchterung? War alles nur ein Hype? Ist die Branche in der Krise?
Ich beobachte die Industrie nun seit zehn Jahren intensiv und komme zu einem nüchternen Ergebnis: Das Gegenteil ist der Fall. Die Branche festigt sich und wird endlich erwachsen! Wir haben es hier nicht mit der New-Economy der 90er Jahre zu tun, die uns rosarote Geschäftsmodelle versprochen und Investorengelder verbrannt hat. Die Games-Branche verdient überwiegend gutes Geld und das Geschäftsmodell „Free-2-Play“ steht erst am Anfang.
In welcher Branche auf dieser Welt wachsen die Bäume in den Himmel? Dass nach Jahren des rasanten Wachstums sich dieses nun verlangsamt und Zeiten der Konsolidierung anbrechen, ist ein normaler Vorgang. Die Industrie wird sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren: die Entwicklung von Spielen, die uns Spaß machen und die wirtschaftlich erfolgreich sind. Dazu sind professionelle Unternehmensstrukturen nötig – effiziente Personalplanung inklusive. Bigpoint ist profitabel und stellt sich jetzt für die Zukunft auf. Wichtiges Indiz dafür ist, dass in der Spieleentwicklung in der Hamburger Zentrale kaum Mitarbeiter von Entlassungen betroffen sind.
Wundern wir uns also nicht, wenn weitere Unternehmen in Deutschland in naher Zukunft ebenfalls Entlassungen vornehmen. So schmerzhaft diese Entscheidungen für jeden einzelnen betroffenen Angestellten sein werden – für qualifizierte Talente sind die Jobaussichten weiterhin bestens. Allein auf unserem Job-Portal www.games-career.com sind in den vergangenen 12 Monaten rund 1.500 Jobs ausgeschrieben worden. Und obwohl das Portal führend in Deutschland ist, sind sicher nicht alle offenen Positionen bei uns veröffentlicht worden. Die 155 Unternehmen in der Spielehauptstadt Hamburg wollen in 2012 rund 400 neue Jobs schaffen. Ziehen wir die 80 Entlassungen bei Bigpoint und möglicherweise noch weitere in anderen Firmen ab, wird die Gamecity Hamburg auch in diesem Jahr weiter wachsen. Auch für innovative Start-ups wird nach wie vor Platz im Markt sein – wenngleich die Markteintrittsbarrieren wie beispielsweise steigende User-Acquisition-Costs nicht grade kleiner werden.
Branchen- und Medienvertreter sollten in diesen Tagen also vorsichtig sein, wenn sie von einer Krise sprechen oder diese herbeireden wollen. Zu oft basieren die Aussagen auf Unwissenheit und Gerüchten. Wir können es uns nicht leisten, ambitionierte Gründer und Investoren abzuschrecken. Gottseidank entscheiden am Ende die Spieler über den Erfolg der Spiele und damit unserer Branche. Ich sehe weiterhin wachsende Zielgruppen, gute Spielideen, mutige Unternehmer und blicke deshalb optimistisch in die Zukunft.
Hamburg, 24. Oktober 2012
Weiterführende Links
Artikel der Financial Times Deutschland
Artikel auf GamesMarkt.de
Artikel bei Gamesindustry.bi