Heute folgt der zweite Teil von Sabine Hahns Gastbeitrag zum Thema „Game Studies in der deutschen Lehre“, mit einem speziellen Blick auf das Angebot an deutschen Universitäten.
„Game studies is a discipline that deals with the critical study of games. More specifically, it focuses on game design, players, and their role in society and culture.”
Wobei pauschalisierend konstatiert werden kann, dass der Focus der privatwirtschaftlichen und von daher kommerziell orientierten Anbieter zu sehr auf praxisbezogenen Ausbildungen im Sinne der Industrie liegt, die dann aber theoretische, analytische und reflexive Anteile vermissen lassen und von daher die Ausbildung weniger ein ganzheitlicher Lernprozess als eine bedarfsgerechte Vermittlung des Handwerks ist. Zudem beschäftigen private Anbieter zumeist Dozenten aus der Industrie – was ich prinzipiell als freie Dozentin an unterschiedlichen Hochschulen als Konzept auch durchaus begrüße – was aber mit einer verminderten professoralen Lehre einhergeht und von daher einfach eine andere Qualität hat als Ausbildung und Lehre durch didaktisch geschultes Lehrpersonal.
Die öffentlichen Hochschulen hingegen, die sich gegenwärtig noch recht schwer damit tun auf die Bedürfnisse der Industrie ein- bzw. auf diese überhaupt zu zu gehen, haben lange Zeit nicht auf den Bedarf an Studienangeboten für die Games Branche reagiert und damit den privaten Anbietern das sprichwörtliche Feld überlassen. Gegenwärtig gibt es nur wenige, dedizierte Games Studiengänge an deutschen Universitäten und noch weniger spezifische Game Studies Professuren. Zudem besteht auch an öffentlichen Hochschulen/ Universitäten eine strikte und wenig hilfreiche Zweiteilung von Theorie und Praxis, zugunsten der theoretischen, analytisch-reflexiven Auseinandersetzung mit Games.
Insofern kann aus meiner Sicht festgestellt werden, dass im Status Quo zwar einerseits zu viele, andererseits jedoch zu wenig qualitativ hochwertige bzw. spezialisierte Studienangebote existieren, die für die Games Industrie ausbilden. Wünschenswert wäre aus meiner Sicht, ein Aufeinander zugehen aller im Games Ausbildungsmarkt Beteiligten: der privaten wie öffentlichen Fach(Hoch-)Schulen, der Unternehmen der Games Industrie (die aus meiner Sicht zukünftig mehr in die Entwicklung von Lehrplänen einbezogen werden sollten) sowie auch der Studieninteressierten.
Zu oft gehen die bestehenden Angebote entweder an den Interessen der Studierenden vorbei (in dem ausschließlich bestimmte „handwerkliche“ Fähigkeiten wie z.B. Game Design vermittelt werden, jedoch den sogenannten „soft skills“ bzw. der Persönlichkeitsentwicklung kaum Raum (und Zeit!) eingeräumt wird) oder an den Interessen der Unternehmen (wenn z.B. Hochschulen im „Mehrfachverbundmaster Medienwissenschaften“ Studierende sich viele Semester lang mit Digitalen Games beschäftigen können ohne jemals ein Unternehmen der deutschen Games Branche von innen gesehen zu haben; wer braucht all die zukünftigen Gamesforscher und –wissenschaftler?!) .
Zusammenfassen möchte ich die gegenwärtige Situation des deutschen Aus- und Weiterbildungsmarktes für die Games Industrie in Anlehnung an Professor Gundolf Freyermuth (Mitbegründer des Cologne Game Lab), der seine Keynote zur „Games & Ausbildung“ Konferenz den Titel „The good, the bad and the ugly“ gab, wie folgt: Das Positive („the good“) am Status Quo des gegenwärtigen Games-Ausbildungssystems ist, dass dieses immer noch in einem frühen Entwicklungsstadium ist und von daher noch viel Potential zur Mitgestaltung birgt. Das weniger Gute („the bad“)ist der Zustand der deutschen Games Industrie, weil diese in der Tat nicht nur in einer tiefgreifenden Transformationsphase ist, sondern sich gegenwärtig auch mit vielen Problemen unterschiedlicher Facetten konfrontiert sieht. Die Ausbildungssituation im Hinblick auf die Games Industrie in Deutschland hingegen ist „the ugly“ (so Freyermuth).
Persönlich bin ich optimistisch, dass durch eine Steigerung der Qualität der Ausbildung(en), durch Etablierung spezifischer Weiterbildungsmaßnahmen (bislang kaum existent) sowie die gleichzeitige Einsicht der Games Unternehmen in die Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter zu investieren eine spürbare Verbesserung des all zu oft beschworenen Fachkräftemangels in der deutschen Games Industrie (speziell im Senior Bereich) erreicht werden könnte.
Schlussendlich sollte das auch positive Effekte auf die in Deutschland entwickelten Produkte/Spiele haben. Gegenwärtig werden laut Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) nur ca. 7% der Spiele, die in Deutschland verkauft werden, auch in Deutschland entwickelt. „Trotz des beachtlichen Umsatzwachstums von elf Prozent im Jahr 2014 ist der Anteil deutscher Unternehmen an dem im Inland erwirtschafteten Umsatz gering.“ Und Weiter: „Obwohl hierzulande immer mehr Computer- und Videospiele verkauft werden, bleibt Deutschland als Produktionsstandort gleichbleibend unbedeutend.“
Ich bleibe optimistisch, dass dies nicht so bleiben muss und aus meiner persönlichen Einschätzung heraus ist der Ausbildungs- und Weiterbildungsmarkt ein Teil des Erfolgskonzeptes.
„Lernen ohne zu denken, ist eitel. Denken, ohne zu lernen, ist gefährlich.“ (Konfuzius)
Wir bedanken uns bei Sabine Hahn für ihren tollen Gastbeitrag und wünschen ihr für die Zukunft weiterhin viel Erfolg. Wenn auch du gerne einen Gastartikel auf Games-Career.com beisteuern möchtest, freuen wir uns auf deinen Themenvorschlag unter blog@games-career.com.
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