Was kommt euch als Erstes in den Sinn, wenn ihr an Finnland denkt? Vielleicht Saunas, Mika Häkkinen oder die beste Thrash-Metal-Band der Welt? Bis vor ein paar Jahren wäre es nicht denkbar gewesen, dass jemand diese Frage mit „Videospiele!“ beantwortet hätte. Heute ist Finnland hingegen eine der wichtigsten Regionen für die Spieleentwicklung weltweit. Besonders in Helsinki, der 600.000 Einwohner starken Hauptstadt, stolpert man geradezu über talentierte Entwicklerteams. Desweiteren verteilen sich gut 200 Firmen, die sich mit Spielen beschäftigen über das ganze Land. Was macht Finnland zu so einem bemerkenswerten Games-Standort?
Fakt ist: In den letzten Jahren hat das Land einen dramatischen Anstieg an Gamesfirmen erlebt. Tatsächlich machen Start-ups circa 50% der finnischen Spielebranche aus. Das ist in erster Linie den zwei großen Vorreitern anzurechnen, also den Platzhirschen Supercell und Rovio. Supercells „Clash of Clans“ oder „Hay Day“ sind, genau wie Rovios „Angry Birds“, gigantische globale Erfolge. Wenn eine Region derart „aus dem Nichts“ durchstartet, macht das natürlich zum einen Geldgeber neugierig und VC-Mittel strömen ins Land. Zum anderen motiviert es passionierte Entwickler zur Gründung ihrer eigenen Company.
Klar, wenn sich auf engem Raum derart viele Firmen tummeln, steht man vor ganz bestimmten Herausforderungen. Wie soll man sich abheben? Die meisten Teams haben erkannt, dass der schnelle Erfolg mit kopierten Konzepten keine nachhaltige Strategie mehr darstellt. Seitdem erlebt der Markt eine Qualitätsspirale nach oben. Jeder Entwickler will das bestmögliche Spiel erschaffen und sich gleichzeitig durch einzigartige Features und Inhalte von der Konkurrenz abheben.
Ein weiterer Vorteil Finnlands ist, dass die Überschaubarkeit des Landes Entwickler zwingt, von Anfang an global zu denken. Durch den hohen Bildungsstandard Finnlands spricht man hier zum Glück perfektes Englisch. So stellen sich neue Teams vom Moment der Gründung darauf ein, international zu konkurrieren. Und großes Denken führt ja nicht selten auch zu großen Taten. Dazu kommt ein starkes Gefühl fürs Miteinander: Finnische Firmen pflegen einen starken und regelmäßigen Wissensaustausch auf häufig stattfindenden Networking-Events. Für diese zeigen sich Industry Hubs wie die IDGA und Neogames verantwortlich.
Auch Fördereinrichtungen tragen ihren Teil dazu bei, dass Finnland ein Gaming-Hotspot ist und bleibt. Am prominentesten tritt dabei sicherlich Tekes auf, eine öffentlich finanzierte Expertenorganisation für die Förderung von Forschung & Entwicklung. Tekes hat bereits über 100 finnische Spieleunternehmen unterstützt und tut dies auch weiterhin mit einer jährlichen Summe von 70 Millionen Euro.
Die meisten finnischen Teams entwickeln für mobile Plattformen, also Smartphones und Tablets. Sicherlich kann man den Nokia-Kollaps auch ein Stück weit als Glück im Unglück betrachten, denn hervorragendes Know-How in Sachen Mobile war in Finnland schon immer vorhanden. Sämtliche andere Geräte werden aber nicht ignoriert. Keine Diskussion um Finnlands Spieleschmieden kann stattfinden, ohne dass man Remedy Entertainment erwähnt. Das 1995 gegründete Studio hat uns „Max Payne“ und „Alan Wake“ beschert und arbeitet zur Zeit an „Quantum Break“, einem exklusiven Titel für die Xbox One.
Wenn ihr mehr über die finnische Gamesbranche erfahren wollt, können wir euch die Roundtable-Diskussion von EDGE oder diesen Report von Tekes empfehlen. Gerade für junge Talente scheint es sich zu lohnen, das Karriereglück in Finnland zu suchen. Aber denkt dran – wettertechnisch ist nicht viel zu erwarten!
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