Frauen in der Games-Branche #2

21.03.2013

Sieben Fragen an Gitta Blatt, Personalchefin bei Wooga

Gitta Blatt ist seit Dezember 2011 Head of HR  beim Berliner Social Games Entwickler Wooga (www.wooga.com) und besetzte die gleiche Position vorher für zwei Jahre bei Bigpoint in Hamburg. Zudem rekrutierte sie viele Jahre bei AOL Time Warner und verantwortete dort letztlich die HR Abteilung. Die Frau weiß also, wie der Hase läuft … Daher freue ich mich sehr, dass ich Gitta als Interviewpartnerin zum Thema „Frauen in der Games-Branche“ gewinnen konnte.

Wie Gitta Blatt die Situation der Frau in der Games-Branche beurteilt, worin sich Männern und Frauen im Bewerbungsgespräch unterscheiden und mehr erfahrt ihr im Interview.

1. Wie beurteilst du die Geschlechterverteilung in der Games-Branche? Haben Frauen per se schlechtere Chancen oder gibt es einfach zu wenige Bewerberinnen?

Zum Glück sind Frauen keine Unicorns mehr, aber schon noch deutlich die seltenere Sorte im Vergleich zu den länger im Geschäft befindlichen Männern. Mit der guten Perspektive, dass sie nicht vom Aussterben bedroht sind, sondern sehr deutlich auf dem Vormarsch. Trotzdem braucht es noch Zeit, wenn man sich heute die Zahlen anschaut. Die Chancen sind sehr gut, aber das Wissen darüber fehlt und ich freue mich auf die von Frauen gemachten Game Erfolge, wie sie im Musik Geschäft in den Top Charts von Spears, Rihanna, Katy Perry, Adele oder Madonna schon seit Dekaden möglich und üblich sind.

2. Wenn es um Karrierethemen geht, wird die Games-Branche häufig als Männerdomäne betitelt. Denkst du, das wirkt heutzutage noch „abschreckend“ auf Frauen?  

Du hast Recht, leider ist das Image der Games Branche aus den Anfängen mit einem Fokus auf die Browser Games noch sehr männlich dominiert. Eroberungs-, Kampf- und vor allem Kriegsspiele sind für eine männliche Zielgruppe und entsprechen mehr dem toughen alles unter Kontrolle habenden Marlboro Mann als Image. Das vor allem Social Games, wie bei uns zu 70 Prozent von Frauen gespielt werden ist oft gar nicht bekannt und stellt leider in der Entscheidung für einen Job manchmal falsche Weichen.

3. Wie hoch ist der Frauenanteil bei Wooga?

Wir haben 27 Prozent Frauen. Das ist im Branchenvergleich nicht schlecht. Aber wenn man den Trend berücksichtigt, dass Frauen heute 51 Prozent der Studienabsolventen stellen, bin ich nicht zufrieden. 95 Prozent der ‚Woogas‘ haben einen Studienabschluss und wir können viele attraktive Einstiegspositionen anbieten. Es ist also mein persönliches Ziel, an diesem Gap zu arbeiten.


4. Das Bewerbungsgespräch: Wo liegen die Stärken der Frauen und wobei können Männer besser punkten?

Das ist sicher in den einzelnen Jobprofilen ganz unterschiedlich. Aber man kann immer noch grundsätzlich feststellen, dass Frauen oft vorsichtiger antworten, lange und reflektiert nachdenken und Männer mit gelernterem Mut zum Risiko selbstbewusster rüber kommen und antworten. Dabei sind Freuen ganz hervorragende Zuhörer, intelligente Netzwerker und nicht so „machtlos“ in ihrer späteren Rolle im Team, wie es im Image noch gemeinhin proklamiert wird.

5. In der Spieleindustrie kann man, je nach Unternehmensgröße, eine zum Teil beachtliche Anzahl von Berufsbildern ausmachen. Neben Programmierern und Game Designern gibt es Community Manager, Produktmananger, Producer etc. Gibt es bei Wooga Abteilungen, in denen sich das Ungleichgewicht „Mann > Frau“ aufhebt bzw. umkehrt? Gilt das für die Branche im Allgemeinen?

Die technisch geprägten Rollen sind noch immer Männer dominiert. Also die Programmierer für unsere Backend-, Frontend-, iOS oder Android Themen. Aber auch hier haben wir erste Frauen in Führungsrollen und an den Universitäten ändert sich die Absolventenlandschaft positiv. Netzwerke, wie The Geekettes Club, die Lady Engineers unterstützen, bringen sehr beachtliche Ideen auf den Markt. Der Mix sieht im Allgemeinen ausgeglichener aus, wenn wir die kommunikativen Rollen einbeziehen, also Marketing, HR, Localisation (internationale Übersetzungen) oder Community Management (der internationale Kundenservice). Ich denke, das trifft im Allgemeinen so auf die ganze Branche zu.
Ich bin aber sicher, dass Du in zwei Jahren an dieser Stelle eine andere Antwort bekommst 🙂

6. Wenn immer mehr Frauen Games spielen, dann ist es wichtig, dass diese auch an der Produktion der Spiele beteiligt sind. Was hältst du von diesem Argument?
Ein Blick auf die Film-Branche würde dieses entkräften, sind die meisten Blockbuster-Regisseure immerhin männlich und erreichen trotzdem erfolgreich das weibliche Publikum, wie z.B. James Cameron mit „Titanic“. Oder sind die beiden Branchen in dem Zusammenhang nicht vergleichbar?

Es stimmt, dass wir ein wenig mit anderen Trendbranchen, wie Film, Musik und TV vergleichbar sind und hier Talente finden und daran Arbeiten, im Freizeitwert 2020 eine genauso große Rolle zu spielen, wie Musik Apps oder Movie Downloads haben …

Aber die Gaming Branche ist im Vergleich noch jung und kommt aus der schon diskutierten Nische. Und Frauen spielen anders als Männer. Sie bauen auf und zerstören nicht. Sie schätzen die Liebe zum Detail, mögen es farbenfroh, zwar mit Abenteuer, aber auch niedlich. Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich galoppiere gerne mit dem kleinen Ritter in unserem ‚Kingsbridge‘ (Anmerk. der Red.: http://www.wooga.com/games/kingsbridge/) gegen fremde Burgen, aber ich habe keinen Spaß an Firstperson Shooting Games mit viel Blut und brutalen Detailszenen. Und das Spiel ist von einem männlichen Kollegen entwickelt. Also der James Cameron Effekt – das darf er nicht hören 😉 Ich glaube, das ist vielleicht ein Unterschied, Themen unterscheiden sich gar nicht plakativ, aber die Darstellung entscheidet über die Zugänglichkeit.

7. Ist es für das Betriebsklima von Nachteil, wenn ein Geschlecht quantitativ überlegen ist?

Ja, aber es kommt auf das Verhältnis an. Ich glaube an den Erfolg von gemischten Teams und eigentlich bestätigen alle ‚Woogas‘, egal welcher Nationalität, das gemischte Team am schönsten, aber auch am erfolgreichsten sind. Es treffen eben, wie auch bei vielen Nationalitäten,  die verschiedenen Blickwinkel aufeinander. Das macht Diskussionen kontrovers und Ideen facettenreich. Also genau, was ein kreatives Produkt braucht. Emotionalität und Persönlichkeit. Viel wichtiger ist vielleicht, dass Frauen gut in einer offenen, agilen, kommunikativen und sich schnell verändernden Arbeitskultur zurechtkommen, in der es um Wissensmanagement und Austausch geht. Nicht um Hierarchie und Funktionieren. Das ist aus meiner Sicht die Erfolgsstruktur der Zukunft, wenn wir über Organisationsentwicklung sprechen.

Super, vielen Dank für das Interview, Gitta!

 

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