Willkommen zurück in Tahsin Avcis Gastblog über die Gründung von Pop Rocket Games und die Veröffentlichung des Social Games „CopaSocca“.
Im ersten Teil haben wir erfahren, wie Tahsin auf die Idee für CopaSocca kam. Außerdem gab er uns einen Einblick in den Prozess der Unternehmensgründung. Spätestens jetzt ist uns allen klar: Business Pläne kosten viel Zeit und Nerven.
Jetzt ist nach vorne blicken angesag: Auf Tahsins Weg zum ersten eigenen Spiel geht es weiter mit Klinkenputzen – auch bekannt als Investorensuche.
Doch wie bindet man Investoren ein? Wie tritt man an diese heran? Wo findet man Investoren? Ich brauchte dazu noch weitere Unterlagen und ein Konzept für die rechtliche Form für den Aufbau und die Entwicklung einer Unternehmensstruktur. Daher konsultierte ich auf Empfehlung eine Kanzlei zur Wirtschaftsberatung, die darin sehr erfahren ist. Ich erklärte das Geschäftsmodell und wie ich mir die Einbindung der Investoren vorstelle, dass ich in Zukunft mehrere Spiele auf diese Weise finanzieren lassen möchte, und dass ich mich nun zuerst auf die Entwicklung von Sportspielen konzentriere.
Ich erhielt ein erprobtes Modell: den Aufbau einer Kommanditgesellschaft (KG) mit beschränkter Haftung, einer GmbH & Co. KG. Da ich aber noch nicht über das Kapital zur Gründung einer vollwertigen GmbH verfügte, wurde es somit eine UG & Co. KG. Alle Investoren werden Kommanditisten, die nur mit ihrer Einlage haften. Für eine KG benötigt man zur Geschäftsführung aber noch einen Vollhafter, eine Komplementärin. Damit diese Vollhaftung aber wieder beschränkt wird, nutzt man dazu eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bei uns eben eine UG. Da wir mehrere Projekte mit der KG finanzieren wollten und diese ggf. eine unterschiedliche Investorenstruktur aufweisen könnten, wurde zur Entwicklung eines Projekts eine Projekt-GmbH gegründet, die im ersten Fall 100%ige Tochter der KG ist (siehe Schaubild). Die KG und die GmbH bilden eine Organschaft und schließen einen Gewinn- und Verlustabführungsvertrag ab, was bedeutet dass alle Gewinne und Verluste direkt an die KG abgegeben werden, damit sie für die Investoren genutzt werden können. Die KG bot zur Investoreneinbindung zudem den Vorteil, dass die Investoren einfach über einen Kaufvertrag in die Gesellschaft integriert werden können.
Investoren – Family & Friends
Das Modell war in der Theorie klar und wir führten erste Gespräche mit Interessenten. Da es nun weiterer rechtlich sicherer Verträge von Anwälten bedarf, weitere Kosten entstehen und man sichergehen wollte, dass das Interesse auch ernst gemeint war, setzten wir hierzu eine Absichtserklärung auf, einen Letter of Intent:
Wir hatten das Glück aus dem erweiterten Family & Friends Umfeld erste Investitionen zugesagt zu bekommen, damit konnten wir vorangehen und das rechtliche Gesellschaftskonstrukt aufsetzen, und somit bald mit der Entwicklung von „Soccer Star“ starten. Eine aufregende Phase, es geht endlich richtig los!
Bis man aber erstmal alles angemeldet und erhalten hat, um loslegen zu können, wie z.B. eine Umsatzsteuer-ID, vergehen so ca. 4-6 Wochen. Da ich zur Entwicklung des Spiels auch mit dem Ausland gearbeitet habe, brauchte ich für die Überweisungen eine entsprechende Nummer, usw. usf. Anträge, Nummern: man ist administrativ erstmal gut beschäftigt und sehr ungeduldig, man möchte ja sofort loslegen können mit der eigentlichen Arbeit. Was einem zu Beginn hilft: alle Steuern und Krankenkassenbeiträge kann man vorerst entweder auf Null oder aufs Minimum setzen, das schont die erste Liquidität – muss später aber ggf. nachgezahlt werden!
Grundsätzlich kann man nur raten, alle Kosten aufs Minimum runterzufahren und sich wirklich nur aufs Nötigste zu beschränken, so verlängert man deutlich die Liquidität, die man eindeutig brauchen wird.
Von Leuten mit voll viel Geld
Das Kapital reichte noch nicht aus. Wir benötigten noch weitere Investoren, um gemäß unserem Plan voranzukommen. Aus meinem direkten Umfeld war es nicht einfach hierfür zu werben. Ich bin daher sehr früh rausgegangen und habe viel Akquise betrieben.
Es gibt für sogenannte ‚Startups‚ gute Info-Websites für den deutschsprachigen Raum, um sich über Finanzierungen zu informieren: www.gruenderszene.de als auch z.B. www.deutsche-startups.de Dort kann man sich über passende Veranstaltungen informieren, oder lernt auch Köpfe und Firmen für Venture Capital (kurz VC, übersetzt bedeutet es Risikokapital) kennen.
Ich habe viele Networking-Veranstaltungen, VC-Speeddatings etc. besucht und einige Termine mit Business Angels, Vermögensverwaltern und vermeintlich wohlhabenden Menschen wahrgenommen. Immer mit dabei: der Business Plan.
In dieser Gruppe schwimmen eine ganze Menge Teilnehmer mit, die behaupten sie würden über eine Menge Geld verfügen. Oder sie würden klein investieren wollen, bringen dann aber ihr ganzes Netzwerk voller Wohlhabender mit genug Spielgeld mit, die es dann richtig klingeln lassen. Man geht Essen, trinkt Kaffee und wiederholt die Reihenfolge. Man kennt diese Menschen ja noch nicht gut, man kann insbesondere als Anfänger nicht gleich raushören, wer einfach nur aufschneidert.
Ich habe VC-Speeddatings besucht, an denen kein einziger VC teilgenommen hatte, dafür aber neugierige Konkurrenten oder Dienstleister, die einem direkt was verkaufen wollten. Enttäuschend war das.
Genauso lernt man Personen kennen, die dir als Gründer sagen, dass Du erstmal richtig kurz kommen wirst und auch richtig bluten musst, falls Du deren Kohle in den Sand setzt – Du bräuchtest ja schließlich den Druck, sonst bringst Du es nicht. Selbstredend.
Andere rufen dich nach einem Termin auch mal gerne an und fragen, ob Du Person xyz vom Gespräch was erzählt hättest, denn xyz hätte ihm gegenüber zweimal mit den Ohren gezuckt und müsste daher was wissen. Es wird dir dann fast gedroht, dass alle Gespräche mit ihm extrem vertraulich zu behandeln seien. Niemand dürfe was vom Masterplan des Investors erfahren. „Ist das hier eine sichere Leitung? Was, nein? Ich kenne diesen Anrufer gar nicht. Telefonstreich!!“. Selbstverständlich behandelt man alle Gespräche vertraulich, alles andere wäre auch wirklich unseriös.
Es gibt auch Leute, die mit Geld winken, um exklusive Verträge mit einigen Startups zu schließen, bei denen sie ihnen eine kurzfristige Vermittlung zu ihrem vermögenden Netzwerk versprechen. Der Clou ist, dass der Vermittler selber erst mit diesen Verträgen anfängt auf Akquise-Tour zu gehen, um Kohle zu sammeln.
Man braucht viel Zeit und Geduld, und man muss hoffen auf die richtigen Menschen zu stoßen. Eine langwierige Phase in der man sich den Mund fusselig präsentiert. Man präsentiert und präsentiert, erklärt und verteidigt seine Ideen. Man lernt so einiges über Gesprächsführung in dieser Zeit, und gewinnt manches an Menschenkenntnis. Auf dieses oder jenes davon, könnte man auch getrost verzichten.
Ein gutes Argument: Lukas Podolski
In der Zwischenzeit ergab sich eine tolle Gelegenheit, denn einer unserer bestehenden Investoren hatte einen direkten Draht zu Lukas Podolski. Da wir ein Fußballspiel entwickelten, war das eine sehr gute Möglichkeit einen bedeutenden Deal für unsere Vermarktungsstrategie einzufahren. Und tatsächlich: wir haben einen Vertrag mit Lukas Podolski unterschrieben. Zur Veröffentlichung des Spiels durften wir mit Lukas werben. Wahnsinn!
Dass wir Lukas Podolski als Testimonial an Bord hatten, war natürlich für unsere Investorenakquise ein wichtiger Stein im Brett. Eine Trumpfkarte, die ich fortan taktisch in meiner Investorenakquise platzieren konnte.
Es gab in den Gesprächen aber auch einen Umstand, der für anfängliche Unsicherheit sorgte:
Eine Misstrauen erweckende Struktur: die UG & Co. KG mit Projekt-GmbH
Da dachten wir, wir hätten eine für Investoren perfekte Gesellschaftsstruktur geschaffen und den richtigen Grundstein gelegt, lernten aber, dass diese Struktur auch für viel Unsicherheit sorgen kann.
Komplizierte Gesellschaftsstrukturen mögen gute Möglichkeiten bieten, sind für Außenstehende aber auch entsprechend undurchsichtig:
In einigen Gesprächen von ernsthaft interessierten Investoren gab es die Sorge, dass durch drei beteiligte Unternehmen (in unserem Konstrukt 1) die UG, 2) die UG & Co. KG sowie 3) die Projekt-GmbH) die Möglichkeit besteht Gelder zu verschieben und an den Investoren vorbeizuschleusen. Das kann sein, dass das von zwielichtigen Menschen so gehandhabt wird, auch wenn es die Gesellschaftsverträge mehr oder weniger klar regeln können. Mir war natürlich sonnenklar klar, dass es da keinen Grund zur Sorge gibt, denn ich selber handhabe das ja. Aber wenn man mich nicht so gut kennt, woher soll man das dann wissen? Ich musste also durch die gewählte Gesellschaftsstruktur zusätzliche Überzeugungsarbeit leisten, dass es nichts zwielichtiges zu befürchten gibt.
Heute würde ich eine eindeutig einfachere Gesellschaftsstruktur wählen, z.B. nur eine GmbH, damit man in Akquise-Gesprächen nicht die verschiedenen Gesellschaftsmodelle erläutern muss, sondern sich einfach auf die Geschäftsidee konzentrieren kann.
So weit, so kompliziert. Nächste Woche begleiten wir Tahsin in den Produktionsstart. Das verspricht weitere Probleme und immensen Druck. Wie der Gründer damit umgeht, erfahrt ihr genau hier, bei uns im Blog!
Pingback: Tahsin Avci über Produktionsstart, Probleme und Druck | Games-Career Blog