Rückspiel bgf 2013: Free-to-Play, Mobile-Games und Lady Gaga – in der Spielebranche bleibt alles anders

08.11.2013
bgf 2013_Curio-Haus

Veranstaltungsort des bgf 2013: Das Curio-Haus in Hamburg

Am 23. und 24. Oktober feierte das bgf (ehemals Browser Game Forum) seine Hamburg Premiere. Laut den Veranstaltern lag die Anzahl der Besucher an beiden Tagen bei insgesamt über 500 Besuchern und war somit höher als im Vorjahr. Der Umzug von Offenbach in die Gamecity Hamburg kann damit als geglückt gelten. Als Veranstaltungsort hat sich das mondäne Curio-Haus ebenfalls empfohlen und überzeugte mit zwei parallelen Konferenz-Tracks und einer großzügigen Networking-Area. Zwei unter den Teilnehmern oft gehörte Wünsche für das nächste Jahr: Unbedingt das vorzügliche Catering beibehalten und den ersten Veranstaltungsabend mit einer kleinen Party in anderer Location ausklingen lassen. Aber dies nur am Rande, denn vielmehr ging es an beiden Tagen um den Status Quo und die Zukunft der Free-to-Play-Branche. Daher ganz hanseatisch:
Butter bei die Fische! Welche neuen Erkenntnisse über die Gamesbranche haben wir gewonnen?

Eröffnet wurde das bgf am ersten Konferenztag von Ken Go, Managing Director von Kabam Berlin. Go sprach über die Herausforderungen, erfolgreiche Browsergames in den boomenden Markt der Mobile-Games zu übertragen. Kabam hat genau dies mit seinen Games geschafft. Die Erfolgsgeschichte nahm 2008 ihren Anfang als die Ursprungscompany von Kabam nur noch drei Monate Geld hatte, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. In dieser Zeit haben zwei Programmierer und Praktikanten im Grafik-Bereich „Kingdoms of Camelot“ entwickelt. Mit diesem Spiel war Kabam die erste Company, die auf Facebook ein Spiel für Hardcore-Gamer anbot. Ein Instant-Hit und Grundlage für das weitere schnelle Wachstum. Aktuell beschäftigt Kabam in der in diesem Jahr gegründeten Niederlassung in Berlin 50 Mitarbeiter und plant, bis Ende 2013 auf 70 Mitarbeiter anzuwachsen. Aktuelle Jobangebote von Kabam in Berlin findet ihr auf Games-Career.com.

 Ist die Goldgräber Stimmung bei Free-to-Play-Games vorbei?

In seinem Vortrag fragte sich Ken Go, ob der Erfolg von 2008 heute wiederholbar wäre. Auf Facebook sicher nicht, lautet die Erkenntnis. Auch das Wachstum im Mobile-Games geht langsam zurück. Gründe sind das Überangebot an neuen Spielen und die damit verbundenen stark ansteigenden Kosten, um mit Marketingaktionen neue Spieler zu gewinnen. Daher sei es heute wichtiger denn je, so früh wie möglich persönliche Kontakte zu Google und Apple aufzubauen.

Letztlich entscheiden die Plattformbetreiber über die Vergabe von Features im App-Store und sind daher auf der einen Seite Gatekeeper und auf der anderen Seite die beste Marketingunterstützung, die sich Spieleentwickler wünschen können.

Kabam plant mittlerweise bei jedem neuen Spiel zusätzliche Zeit ein, um sämtliche Features zu integrieren, nach den Google oder Apple fragt. Denn nur wenn beispielsweise neue Funktionen von iOS7 von Anfang an unterstützt werden oder die Grafik auf dem neuesten Stand ist, wird Apple Spiele aus der Masse hervorheben und mit einer Sonderplatzierung im App Store featuren.

Die Devise für alle Spieleentwickler vom Transfer von Browser- zum Mobile-Game sollte daher lauten: „Don’t just port!“ Erfolgreiche Spiele gehen immer die Extrameile und suchen sich nicht den einfachsten Weg, um auf verschiedene Plattformen gebracht zu werden. Vielmehr geht es gerade bei Mobile-Games sehr stark um die Nutzerfreundlichkeit, die auf jedes mobile Endgerät zugeschnitten sein sollte. Dabei stellt besonders Android durch die große Masse an Smartphones und Tablets ganz besondere Herausforderungen an jeden Entwickler.

Die goldenen Regeln von Kabam für gute Mobile-Games lauten:

  • Die Bedienung sollte stets über ein logisches Touch Interface erfolgen
  • Entwickler sollten die Nutzungsdauer von Spielern bei mobilen Endgeräten im Kopf behalten und Spielsessions entsprechend designen
  • .Besonders wichtig ist die erste Spielsession und die Ansprache der Spieler bei wiederkehrenden Spielsessions (Tagesboni für wiederholte Logins!)
  • Feedback von Google und Apple Ernst nehmen – letztlich entscheiden die Plattformbetreiber welche Spiele sie featuren
  • Extra-Zeit einplanen um Spiele zu polishen – unzeitgemäße Grafik kann den Erfolg verhindern

Neben Ken Go sprach mit Heiko Hubertz, Gründer von Bigpoint, ein ausgesprochener Kenner der Gamesbranche über seine Erfahrungen beim Aufbau einer weltweit erfolgreichen Spielefirma. Auf die Frage welche drei Entscheidungen er im nachhinein anders treffen würde, antwortete Hubertz, dass bei dem Aufbau eines Unternehmens ein starkes Gründerteam wichtiger ist als alles andere.Dabei ginge es nach ihm nicht nur um vorhandene Skills, sondern genauso sehr um Freundschaft und gleiche Ansichten bei richtungsweisenden Entscheidungen. Ebenso gab er Spieleentwicklern den Ratschlag von Anfang an nur Mitarbeiter zu heuern, die fachlich und menschlich den eigenen Ansprüchen gerecht werden. Bei Bigpoint sei der Fehler gemacht worden, wegen dem enormen Personalbedarf Mitarbeiter einzustellen, welche die Firma nicht voran gebracht haben. Als dritten Punkt wünscht er sich, einige Investments im nachhinein anders getätigt zu haben.

Vollkommen zufrieden ist Hubertz dafür mit seiner Entscheidung Bigpoint zu gründen, Venture Capital eingesammelt zu haben und für ein schnelles Wachstum der Firma gesorgt zu haben. Dabei legte er allen Gründern die bedachte Wahl eines Investoren ans Herz, den bezogen auf die Zusammenarbeit mit Geldgebern führt er aus „this people can really stop you doing business“. In einem Gespräch auf dem bgf entlockten unsere Kollegen von Newsslash Heiko Hubertz einige weitere Statements.

bgf 2013_PR Panel

Beim PR Panel diskutierten v.l.n.r.: Dennis Heinert (InnoGames), Tanja Weerts (Gameforge), Gunnar Lott (flaregames), Konrad Lischka (Spiegel Online) und Markus Fiedler (Freelancer).

Um Spielejournalismus in Fach- und General-Interest-Medien ging es im munteren PR Panel, bei dem Gunnar Lott, Pressesprecher von flaregames und ehemaliger GameStar Chefredakteur, zusammen mit Konrad Lischka von Spiegel Online und weiteren Panel-Teilnehmern unter anderem darüber diskutierte, warum bei Spiegel Online Lady Gaga in der Berichterstattung in den meisten Fällen mehr Beachtung findet als das neueste Free-to-Play-Game mit Millionen von Spielern. Erkenntnis des Panels: Die Spielebranche sucht neue PR-Ansätze um Free-to-Play-Games über Spielemedien heraus ins Gespräch zu bringen und die Spielejournalisten freuen sich auf den Moment wenn es soweit ist – bis dahin berichten sie im Zweifel über Lady Gaga.

Wie geschickt eingebundene Werbung in Free-to-Play- und Mobile-Games mehr Geld in die Kassen von Spieleentwicklern spülen kann, erklärte Daniel Siegmund vom Spezialvermarkter GAN Game Ad Net. Siegmund sieht die Geschichte des Internets als Ursache für eine auch im Spielemarkt verbreitete Kostenlos-Kultur. Schließlich kennen alle Internetnutzer Mittel und Wege, um Content im Internet kostenlos zu konsumieren. Für Betreiber von Free-to-Play-Games steckt daher die Herausforderung darin, auch Geld mit der großen Anzahl von nicht-zahlenden Spielern in ihren Online-Games zu machen. Dies gelingt dann zum Vorteil aller Beteiligten wenn die Werbung Spieler nicht stört, sondern im Idealfalls einen Mehrwert bietet. Beispielsweise indem durch das Betrachten eines Videoclips eine ansonsten kostenpflichtige Funktion freigschaltet wird. Gleichzeitig werten bekannte Marken Online- und Mobile-Games aus und können direkt ins Spielgeschehen integriert werden beispielsweise mit speziellen Events oder In-Game-Charakteren.

bgf 2013_F2P Panel

Beim Free-to-Play-Panel begrüßte Moderatorin Roxanne Varza: v.l.n.r. Dr. Pascal Zuta (Aeria Games), Olliver Heins (Goodgame Studios), Olaf Wolters (BOEHMERT & BOEHMERT) und Tom Putzki (Wargaming).

Am zweiten Tag des bgf ging es weiter mit einem Panel zur Zukunft von Free-to-Play-Games und dem zugehörigen Geschäftsmodell. Wie die Panelisten (u.a. Tom Putzki von Wargaming und Dr. Pascal Zuta von Aeria Games) feststellten, haben Browsergames in gefühlt vier bis fünf Jahren die gesamte Entwicklung der vorherigen Jahrzehnte der Spieleindustrie nachvollzogen. Von der Goldgräber-Stimmung, zur Professionalisierung, Diversifizierung und letztlich in Richtung Marktsättigung.Facebook-Spiele hätten diese Entwicklung in nur noch zwei bis drei Jahren nachvollzogen. Jetzt sind Mobile-Games auf dem Weg dahin und die Zyklen werden immer schneller. Die Frage lautet daher:

Was wird das nächste Business-Modell in der Spielebranche?

Einig waren sich alle Panelisten dabei, dass das Free-to-Play-Modell durch den stark zahlengetriebenen Ansatz kein Business-Modell für weitreichende Innovationen ist. Vielmehr wird auf Grundlage der permanenten Auswertung des Nutzerverhaltens das vorhandene Spieldesign verbessert und nur an manchen Stellschrauben gedreht. Optimieren ist hier die Devise, da innovative Neuentwicklungen, die mit bisher gemachten Erfahrungen brechen sehr risikoreich sind für jeden Spieleentwickler.

Gleichzeitig sind Spieler heute viel anspruchsvoller. Tom Putzki gibt zu bedenken, dass bei „Gothic“ im Jahre 2001 besonderes Augenmerk auf die ersten 15 Minuten des Spiels gelegt wurde. In dieser Zeit sollte der Spieler in die Welt gezogen und letztlich vom Weiterspielen überzeugt werden.

Heute hingegen haben Free-to-Play- und Mobile-Games oft nur 30 Sekunden und maximal zwei Chancen um Spieler zu überzeugen.

Ist der Spieler dann nicht auf den Geschmack gekommen, wechselt der Nutzer zum nächsten Spiel und ist verloren. Dem immensen Spieleangebot sei Dank.

Soweit unsere Eindrücke vom diesjährigen bgf. Eine Konferenz mit vielen interessanten Themen und einigen echten Denkanstößen. Im nächsten Jahr sind wir gerne wieder dabei, denn was auch immer dann auf der Agenda steht, eines ist sicher:

Die Trends der Gamesbranche kommen und gehen mit einer Geschwindigkeit, die nie Langeweile aufkommen lässt!

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