Gastbeitrag von Sabine Hahn: „Enter the next level“ – dein Weg in die Spielewirtschaft Teil II

16.12.2015
Sabine_Hahn

Sabine Hahn ist Dozentin für Game Studies an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln und der Universität Köln

Erst gestern haben wir euch Sabine Hahn, Dozentin an der Universität Köln und der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln, vorgestellt. Im ersten Teil ihres Gastbeitrags schrieb sie unter anderem über ihren eigenen Einstieg in die Spielebranche. In der Fortsetzung ihres Artikels spricht die Wahl-Kölnerin über Business Skills und wie sie mit Humor so manchen Alltagswahnsinn meistert.

Bereits in der Bewerbungsphase, also beim Versuch mit den Früchten der Games-spezifischen Ausbildung den ersten Job in einem Unternehmen der Games Industrie zu „ergattern“ beginnt sich die sprichwörtliche Spreu vom Weizen zu trennen. Genau hier kommt dann mein Argument der Zielstrebigkeit in’s Spiel. Sich eben nicht von zehn Absagen abschrecken lassen, auch nicht von zwanzig oder dreißig, sich eben nicht mit einer Standard Ablehnung zufrieden geben, anrufen, nachhaken, Kontakte schließen, sich von anderen Bewerbern abheben, durch Engagement und eben Zielstrebigkeit, das wäre meine Empfehlung.

Und ich weiß (zumindest noch ein bisschen wovon ich rede), auch ich habe ja mal – wenn auch schon vor über zehn Jahren – in dieser Situation gesteckt. Meinen ersten richtigen, offiziellen Job habe ich mir Mitte 2003 in London gesucht. Wobei ich ca. 20 sogenannte „Interviews“ (also Bewerbungsgespräche) hatte, resultierend aus mindestens 100 Bewerbungen. Wenig mehr als ein Jahr später war ich dann dabei den Job zu wechseln und befand mich wieder in der aktiven Bewerbungsphase. Und im Nachhinein denke ich, dass das, was mich schlussendlich in beiden Phasen ausgezeichnet hat war, dass ich mich nicht eher zufrieden geben wollte als bis ich mein Ziel erreicht hatte. Ich kann mich nicht daran erinnern mich über die Anzahl der Bewerbungen beschwert zu haben. Im Gegenteil, ich habe mich auf jedes einzelne Gespräch akribisch vorbereitet, konnte die „100 most common interview questions“ quasi auswendig und bin in jedes Gespräch mit dem Ziel mit nicht weniger als einer Zusage aus der Tür zu gehen. Zielstrebigkeit eben …

Aber noch eine andere sogenannte Schlüsselqualifikation halte ich für relevant, sowohl beim Einstieg in die Branche als auch im Hinblick auf die Gestaltung der persönlichen Karriere/ Laufbahn: Flexibilität.

Im Verlauf meiner Karriere habe ich unterschiedliche Positionen – wenn auch immer im selben Bereich (Publishing) – inne gehabt, wobei mitunter Job Titel und die tatsächliche Position wenig kongruent waren. Mitunter habe ich auch Sachen machen müssen, für die ich entweder über- oder unterqualifiziert war, die ich langweilig, unnötig, überflüssig fand.

Unvergessen bleibt mir z.B. der Job bei „Macrospace Ltd“ in London, den ich beinahe aufgrund eines nicht sehr attraktiven Titels abgesagt hätte und bei dem ich mir in den ersten zwei Monaten einen Schreibtisch mit einem Kollegen teilen musste.

Das Unternehmen wurde wenig später an Amerikaner verkauft, ging an die Börse und der Mitgründer, Chef und lange Jahre mein beruflicher Mentor Kristian Segerstrale, gehört heute zu den gefragtesten Experten im Silicon Valley im Hinblick auf Gaming. Aber: alle diese Dinge, diese Situationen und Erfahrungen haben mich persönlich, aber auch meine berufliche Kompetenz maßgeblich geprägt und insofern möchte ich in der Tat eine gewisse Flexibilität im Hinblick auf den Einstieg in die Games Branche bzw. auch im Hinblick auf die (Fort-)Entwicklung der eigenen Laufbahn empfehlen. Nicht alle Wege führen nach Rom und nicht immer ist der direkteste Weg der Beste bzw. einzig Mögliche…

Schlussendlich habe ich persönlich auch im Laufe der Jahre eine andere Kompetenz als sehr relevant entdeckt – Humor. Diesen Punkt habe ich auch beim Panel auf der Next Level Conference versucht zu erklären, bin mir jedoch nicht sicher, ob ich meine Gedanken klar formulieren konnte. Ich habe im Verlauf der zehn Jahre „aktiver“ Karrieren in der Games Industrie (mittlerweile bin ich ja als Dozentin, Trainerin und Coach eher auf der Ausbildungsseite) unendlich viele skurrile, befremdliche, verwirrende, verstörende, unklare, neue etc. Situationen erlebt, die ich allesamt nur durch eine Eigenschaft meistern konnte – im richtigen Moment über mich selbst und das was ich da mache, lachen zu können. Unvergessen bleibt mir das Erlebnis mit meinem ungarischen Kollegen in einem Zug zwischen Zagreb und Lubljana mitten in der Nacht von recht amtlich bewaffneten Zöllnern nach dem Grund unserer Reise gefragt zu werden – „Business. We are selling mobile games.“ Yup. Genau und der Weihnachtsmann ist eigentlich eine Frau …Humor macht geschmeidiger, lockerer, souveräner uvm. Und in vielen Situationen wo evtl. nichts mehr hilft, muss man eben mitunter auch einfach einen Schritt zurück treten und darüber schmunzeln können. In beruflichen wie auch privaten Angelegenheiten…

Ich bin mir nicht sicher, ob die Auflistung dieser für mich elementar wichtigen Schlüsselqualifikationen oder Kompetenzen – Zielstrebigkeit, Flexibilität und Humor – denjenigen helfen, die versuchen ihren Weg in der Games Industrie zu gehen. Aber ich hoffe bzw. wünsche mir, dass meine Gedanken bzw. persönlichen Erfahrungen in Ergänzung zu den üblicherweise betonten Fähigkeiten – Leidenschaft für Games, spezifische Ausbildung etc. – doch die Reflektion über den eigenen Karriereweg bereichern können. Wobei – jeder Jeck ist anders, wie man in meiner Wahlheimat Köln sagt.

Sabine ist heute übrigens auch auf der Games & Ausbildung in Köln vertreten. In ihrem Vortrag „Games Studies in der Lehre – wie positioniert sich Köln im Vergleich?“ gibt sie einen Einblick in die Welt der digitalen Spiele als Gegenstand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung im akademischen Bildungsbereich. Los geht’s um 15 Uhr im Kölner Komed (Im Mediapark 6).

About the author

Sabine Hahn
Sabine Hahn
Sabine Hahn hat zunächst in Leipzig Kulturwissenschaften, Soziologie und Journalistik studiert und war anschließend 10 Jahre in Sales & Marketing Positionen in verschiedenen Unternehmen der Games Industrie im In- und Ausland tätig; zuletzt bei Electronic Arts in Köln. Seit Ende 2013 promoviert sie an der Universität Köln am Institut für Medienkultur und Theater zum Thema „Gender in Games & Gaming“ und ist zusätzlich als externe Dozentin an unterschiedlichen Universitäten und Fachhochschulen tätig. Zudem ist Sabine als selbständige Trainerin Business Coach im Bereich Führungskräfte Entwicklung tätig. Mit ihrem Background aus Praxiserfahrung und akademischer Expertise beteiligt sich Sabine gern an Fachkonferenzen und Veranstaltungen der Games Branche, wie z.B. Quo Vadis, Respawn, Next Level, Deutscher Entwicklerpreis Summit oder Berlin Games Forum.

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